Wie vermutlich jede Schule, so schenken wir gerade in der Oberstufe der Studien- und Berufswahlorientierung unserer Schülerinnen und Schüler besondere Aufmerksamkeit und haben unsere diesbezüglichen Konzepte in den letzten Jahren ausgeschärft, da wir insbesondere vor zwei besonderen Herausforderungen stehen. Im kommenden Jahr entlassen die Gymnasien den sogenannten „Doppeljahrgang“ und es ist trotz aller Bemühungen der Landesregierung z. B. durch Aufstockung von Studienplätzen und Neugründung von Fachhochschulen zu vermuten, dass nicht alle Interessenten den gewünschten Studienplatz unmittelbar erhalten können. Daneben steht der immer deutlich werdende Fachkräftemangel in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik, Technik). Um diesem zu begegnen müssen wir mehr Menschen für den naturwissenschaftlich-technischen Sektor begeistern, denn gerade hier sind die Ausbildungskapazitäten der Hochschulen und Universitäten noch lange nicht ausgeschöpft.
Um gerade auch diesem zweiten Punkt Rechnung zu tragen ist das Carl-Humann-Gymnasium vor einem Jahr dem zdi-MINT-Netzwerk Essen, welches vom BildungsCentrum der Wirtschaft gGmbH getragen wird, beigetreten und wir haben hier schon eine Reihe von Aktivitäten und Projekten vorzuweisen. Über ein ganz besonderes Projekt in Zusammenarbeit mit dem MINT-Netzwerks soll im Folgenden berichtet werden.
Für Menschen aus dem Ruhrgebiet liegt die Seeschifffahrt auf den ersten Blick nicht unbedingt im Zentrum des Interesses – mag man meinen. Für junge Menschen bietet sich hier eine Berufsperspektive, die ermöglichen kann, mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Interesse auch mit etwas Abenteuerlust zu kombinieren. An Nachwuchs fehlt es auch in diesem wichtigen Wirtschaftsbereich.
Gleichzeitig bietet die Seeschifffahrt mit ihren Bereichen Nautik und Schiffsantriebstechnik hervorragende Möglichkeiten, den Schülern praktische Anknüpfungspunkte an den Unterricht zu präsentieren. Aus diesem Grund wurde daher mit dem zdi-MINT-Netzwerk Essen und Herrn Bernd Wiesel die Idee geboren, dem Physik-Leistungskurs der damaligen Q1 eine zweitägige Exkursion anzubieten, um auf einem Fährschiff den Schülern dieses Berufsfeld unmittelbar und sehr authentisch näher zu bringen. Herr Wiesel hat es sich zur Aufgabe gemacht hat, junge Menschen unter dem Magellanschen Motto „Wer an der Küste bleibt, kann keine neuen Ozeane entdecken.“ für Berufe in der Seeschifffahrt zu interessieren und zu begeistern.
In Hamburg stand zunächst traditionelle Schifffahrt und die aktuelle Situation im deutschen Schiffbau und in der Meerestechnik auf dem Programm. Unsere Stationen waren der VSM, der Germanische Lloyd und das Internationale Maritime Museum. Am Nachmittag ging es dann nach Lübeck. Vor der Weiterfahrt nach Travemünde blieb Zeit für einen Stadtrundgang durch die beeindruckende alte Hansestadt. Abends ging es dann auf die „Nils Holgersson“, einem Fährschiff der TT-Line auf der Route Travemünde – Trelleborg (Schweden). Auf den Überfahrten konnten wir uns auf dem ganzen Schiff über alles informieren, was uns interessierte. Uns wurden alle Türen geöffnet, ob auf der Brücke oder im Maschinenraum, wir konnten das Ablegemanöver mit fachkundigem Kommentar verfolgen und erfuhren so Schifffahrt live und unmittelbar. Gleichzeitig gab es viele Informationen zur beruflichen Ausbildung von nautischen Offizieren und Ingenieuren im Bereich Schiffsbetriebstechnik.
Die Rückblicke der teilnehmenden Schüler zeigen, dass es sich um eine mal ganz andere und sehr gelungene Exkursion handelte.
Ein solches Projekt ist in NRW bisher einzigartig und hatte auch für das zdi-MINT-Netzwerk Essen Pilotcharakter.
Text: Stefan Uhlmann, StD