Abitur 2020: Zeugnisverleihung mit Event-Charakter im Autokino-Ruhr

Wie feiert man das Abitur in Zeiten von Corona? Die diesjährigen Abiturienten traf es hart: Die Motto-Woche wurde gestrichen, der Abischerz abgesagt, der Abiball liegt auf Eis. Insofern galt es, wenigstens die Zeugnisverleihung irgendwie zu retten. Doch während sich viele Schulen damit begnügten, den Schülern ohne ihre Eltern und Familien oder in Kleingruppen das Abitur zu übergeben, hatte Schulpfarrer und Religionslehrer Joachim Dahlhoff eine besondere Idee: Warum nicht das Autokino-Ruhr am Flughafen Essen-Mülheim mieten und die Zeugnisvergabe über die Leinwand und die Autoradios übertragen? Dieser Gedanke führte zu einer für das Carl-Humann-Gymnasium bisher beispiellosen Aktion und einem großartigen Nachmittag.

Um den Schülern und ihren Familien diesen schönen Abschluss der Schulzeit zu ermöglichen, legten alle zusammen: Die Schüler und Eltern griffen tief in die Abiturkasse und auch der Ehemaligen-, der Förderverein, die Dr. Geschwinder-Stiftung, die SV und die Schule gaben Geld. Joachim Dahlhoff übernahm in Abstimmung mit der Schulleitung die Organisation und holte sich Unterstützung bei der  SV, dem Technik-Team mit Max Baukrowitz und bei den Abiturienten selbst. Auch Petrus schickte seinen Segen und ließ die Sonne strahlen und die Klimaanlagen in den Autos auf Hochtouren laufen.

Unter dem Motto „Ich packe meinen Koffer“ startete die Verabschiedung am Donnerstag, 25. Juni 2020, gegen 15:00 Uhr mit einem kurzen ökumenischen Gottesdienst, der, ebenso wie die darauffolgende Entlassfeier, auf einer kleinen Bühne neben der Leinwand stattfand und von dort gefilmt und übertragen wurde. Den Schwerpunkt bildeten in diesem Zusammenhang Schülerstatements, in denen einige der Abiturienten von ihren Erwartungen an das CHG zu Beginn ihrer Schulzeit dort und von ihren Hoffnungen für die Zeit nach dem Abitur sprachen.

Im Anschluss an den Gottesdienst wartete das erste Highlight des Tages auf die Gäste. Auf der Leinwand sahen sie einen Mann, der in Cowboystiefeln vor die Haustür trat und anschließend auf einem nostalgisch anmutenden Moped in bester Easy Rider Manier vorbei an Feldern und über fast menschenleere Wege und Straßen unterwegs war, untermalt durch den Song Born to be wild, die Hymne aller Road Movie Fans. Die Reise endete etwas überraschend an einem Büdchen, wo sich der Mann nach seiner heißen Fahrt „wie immer“ ein Eis gönnte. Spätestens in dieser Einstellung und ohne Helm und Gesichtstuch erkannte die versammelte Schulgemeinde, wer auf dem Moped unterwegs gewesen war: Schulleiter Thomas Reuter aß ein Cornetto und wurde für den originellen Filmeinspieler mit einem Hupkonzert gewürdigt.

Entstanden war das Video nach einer gemeinsamen Idee von Joachim Dahlhoff, der auch den Büdchenbesitzer mimte, und Thomas Reuter an einem Samstag in Meerbusch, Reuters Heimatort. Das Moped, eine sogenannte Schwalbe aus DDR-Produktion, mietete das Zwei-Mann-Filmteam bei einem Verleih in Düsseldorf.

Die Einblendung „In diesem Kino gibt es kein Eis, aber Abiturzeugnisse“ leitete zum offiziellen Teil des Nachmittags über, beginnend mit der Rede des Schulleiters. Natürlich ging es darin um die im Augenblick alles beherrschende Pandemie, jedoch nicht nur um das, was dadurch verloren gegangen ist, sondern auch um die Erkenntnisse, die diese Zeit liefert. „Manch einem, dessen Fehlstundenzahl bedenkliche Höhen erreichte, wurde jetzt erst, zum Ende seines Schülerlebens, überraschend klar, wie gern er doch eigentlich zur Schule geht“, scherzte Reuter und spielte damit darauf an, dass das, was wir als Normalität kennen, keineswegs selbstverständlich ist. „Du merkst nicht, dass du nichts merkst“, lautete ein Zitat von Hans Magnus Enzensberger, das der Schulleiter in diesem Zusammenhang nannte. Zum Abschluss der Rede schlug er den Bogen zu der Road Movie Anspielung des Kurzfilms: „Werdet niemals zum Opfer der Umstände, sondern setzt Ideen um, macht Dinge möglich, verfolgt die Dinge, von denen ihr träumt und an die ihr glaubt“, gab er den Abiturienten mit auf den Weg. „Und nun ab auf der Straße nach Süden!“

Es folgten zwei weitere kurze Ansprachen durch die Elternpflegschaftsvorsitzende Barbara Jung, selbst Mutter eines Abiturienten, und die Vorsitzende des Ehemaligenvereins, Claudia Gheno. Dann kam das, worauf alle gewartet hatten: Die Verleihung der Abiturzeugnisse durch den Schulleiter und die Leistungskurslehrer. Von den 92 Abiturienten schafften 22 einen Schnitt mit einer 1 vor dem Komma, drei sogar die Traumnote 1,0 – Corona zum Trotz.

Auf der Bühne, die immer höchstens von fünf Schülern gleichzeitig betreten werden durfte, herrschte Maskenpflicht, nicht aber bei den anschließenden Gruppenfotos mit Abstand. Sogar auf ein Foto der gesamten Abiturientia mit den Zeugnismappen wurde nicht verzichtet. Dafür kletterte die Fotografin extra auf eine Leiter, um die zwangsläufig weit auseinanderstehenden Ex-Schüler des CHG auf ein Bild zu bekommen. Besondere Zeiten erfordern besonderes Engagement, können aber auch besondere Erlebnisse ermöglichen. Das machte die wunderbar verrückte und unvergessliche Abiturfeier 2020 deutlich.

Text: Nina Schloemer

Fotos: Friederike Jabs

 

Herzliche Grüße zum Zuckerfest

Liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen muslimischen Glaubens, wir grüßen Euch und Sie auf Arabisch mit „Eid Mubarak“ und auf Türkisch