In diesem Jahr hat sich die Reichspogromnacht zum 87zigsten Mal gejährt.
Zur Erinnerung an die Opfer dieses NS-Verbrechens haben Schüler*innen des Gymnasiums an der Wolfskuhle, der Erich-Kästner-Gesamtschule sowie Schüler*innen unserer Schule am 10. November auf der Bühne des Steeler Weihnachtsmarktes eine Gedenkstunde gestaltet. Diese Veranstaltung stand unter der Überschrift: Gegen das Vergessen.
Die Schüler*innen hatten unterschiedliche Beiträge vorbereitet, mit denen sie an das Grauen dieser Nacht sowie an die damit verbundene Verfolgung und das unsägliche Leid jüdischer Mitbürger*innen erinnert haben.
Schüler*innen unserer AG „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ haben in diesem Zusammenhang nicht nur von ihren Eindrücken der diesjährigen Fahrt in die Gedenkstätte „Auschwitz“ berichtet, sondern auch selbstverfasste Texte vorgetragen, die sich mit dem Motto der Gedenkstunde beschäftigt haben.
Nach dem Bühnenprogramm haben sich alle Beteiligten sowie Teilnehmende dieser Veranstaltung am Ort der ehemaligen Steeler Synagoge, die in jener Nacht im November 1938 durch einen von den Nazis gelegten Brand völlig zerstört worden ist, noch einmal zum stillen Gedenken versammelt.
An dieser Stelle veröffentlichen wir die von uns vorgetragenen Texte zum Nachlesen:
Text 1
Mehr als nur eine Nummer
ich stehe im konzentrationslager auschwitz 1
vor mir ein ausstellungsstück
eine tasche mit 25 kilogramm
mit leben gefüllt
25 kilogramm
das ist auch das gewicht einer abgemagerten frau
die traurig schaut und nichts mehr trägt
als haut knochen und eine nummer
eine nummer
eingraviert in die haut
eingebrannt in ihren kopf
eine zahl die schreit
„du bist niemand“
eine nummer auf der gestreiften einheitlichen kleidung
damit jeder weiß
dass namen hier nicht zählen
dass die einen hier quälen
und andere verschwinden
die zeit die sie zu leben hatten
berechnet in tagen und stunden
bis der körper nicht mehr kann
er fängt zu kämpfen an
bis die nummer erlischt.
die anzahl der opfer
zu viele um sie zu zählen
und doch heißt es
töten oder getötet werden
alle 40 schritte eine baracke
alle 40 Schritte ein schicksal eines menschen
der mehr war als nur eine nummer
von: Frida S.
Text 2
Vergangenheit oder Zukunft?
Unsichtbare Schatten,
unsichtbare Stimmen
und tiefe Wunden.
Jüdische Seelen,
unschuldige Opfer,
von Schmerzen verfolgt.
Immer still bei Rassismus und Hass.
Sie sind ein tödliches Gift.
Respektlosigkeit und Vorurteile
bleiben ein ewiger Fluch,
Minderheiten leiden.
Freiheit und Frieden
bleiben ein unerfüllter Traum?
Wann wird sich was ändern?
Opfer des Hasses und der Diskriminierung
dürfen nie vergessen werden und verblassen,
für immer.
Wir müssen lernen aus der Vergangenheit.
Statt Hass und Vorurteilen,
Liebe und Begeisterung:
Ein friedliches Ziel.
Für eine Zukunft ohne Schmerz und Hass.
Kein Platz für sie auf unserer Erde.
Wir – gemeinsam stark.
von: Azra Z.
Text 3
Gegen das Vergessen
Ich vergesse vieles:
Meinen Haustürschlüssel.
Den Inspektionstermin für’s Auto.
Meinen Hochzeitstag.
Die Verabredung mit den Kumpels zum RWE-Spiel.
Meine Tochter vom Flughafen abzuholen.
Die Wäsche aufzuhängen.
Ist es Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit, mangelhafte Organisation?
Auf jeden Fall: Vergessen hat Konsequenzen!
Ich bin sauer.
Mein Schrauber ist sauer.
Meine Frau ist sauer.
Meine Kumpels sind sauer.
Meine Tochter ist sauer.
Nach der Tagesschau habe ich doch vergessen,
dass die Hamas bei ihrem Überfall auf Israel im Oktober 23 fast 1200 Jüdinnen und Juden wahllos ermordet, 250 weitere nach Gaza entführt hat
dass seit diesem Pogrom extremistische Gruppen – linke, rechte, religiöse – in aller Öffentlichkeit – ohne großen Widerspruch fürchten zu müssen – alte neue Feindbilder gegen Jüdinnen und Juden verbreiten
dass Menschen mit jüdischen Wurzeln spüren, dass sich der 9. November 38 gerade wiederholt.
Nach der Tagesschau habe ich doch vergessen…
Ist es Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit oder vergesse ich, weil ich ja von alledem nicht betroffen bin?
Ich war nicht betroffen, als Hitler befohlen hat, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 die Mordmaschinerie gegen Menschen jüdischer Herkunft in Gang zu setzen, in Steele, in Essen, in Deutschland, in Europa…
Ich war nicht betroffen, als in den Vernichtungslagern im Osten Menschen jüdischen Glaubens millionenfach elendig zugrunde gerichtet, vergast und verbrannt worden sind.
Ich war und bin ja nicht betroffen. Was geht mich das Schicksal der anderen an?
Wer vergisst, dass nur im respektvollen Miteinander unser Leben zu seinem Recht kommt,
wer vergisst, dass nur im respektvollen Miteinander unser Leben zu seinem Recht kommt,
wer vergisst, dass nur im respektvollen Miteinander unser Leben zu seinem Recht kommt,
wer das vergisst,
kann seine Zukunft vergessen,
kann seine Zukunft vergessen,
kann seine Zukunft vergessen.
von: Joachim D.