Christian Wulff bei „Humann im Dialog“

Ex-Bundespräsident diskutiert mit Schülern über Europa und Zuwanderung als Bereicherung für Deutschland.

Fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass Lutz Friedrich, damals noch Schülersprecher des Carl-Humann-Gymnasiums, die Veranstaltungsreihe „Humann im Dialog“ aus der Taufe hob. Sein erklärtes Ziel war es, sich selbst und seinen Mitschülern zu ermöglichen, Politik hautnah zu erleben und den Austausch zwischen jungen Erwachsenen und Politikern zu fördern. Dass es Friedrich, der nach dem Abitur 2011 ein Jurastudium antrat und seiner alten Schule trotzdem über die Jahre die Treue gehalten hat, gelingen würde, so viele Spitzenpolitiker der verschiedensten Parteien ans CHG zu holen, hätte er zu Anfang vermutlich selbst nicht für möglich gehalten: Auf Essens Oberbürgermeister Reinhard Paß folgten Wolfgang Clement, Norbert Lammert, Sylvia Löhrmann, Hannelore Kraft, Christian Lindner und zuletzt Peer Steinbrück.

Zur neuesten Ausgabe der politischen Diskussionsrunde am vergangenen Dienstag, 24.02.2015, trat ein besonders spannender Gast vor die rund 250 versammelten Oberstufenschüler in der Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung in Essen-Steele: Christian Wulff, Bundespräsident A.D. und mittlerweile wieder hauptberuflich als Jurist tätig, stellte sich den Fragen aus dem Publikum.

Bereits in ihrer Begrüßungsansprache zitierte Schulleiterin Doris Mause einen Satz, der Wulff im Jahre 2010 neben viel Zuspruch eine Menge Kritik eingebracht hatte: „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland!“ Mause betonte dabei die Diskrepanz zwischen der scheinbaren Selbstverständlichkeit dieser Aussage und dem politischen Alltag im Jahre 2015, in dem wir fast täglich mit Meldungen über Pegida-Demonstrationen und radikalisierte Jugendliche konfrontiert werden.

Christian Wulff nahm diesen Ball auf und berichtete in seiner Eingangsrede von seiner persönlichen Prägung und positiven Erfahrungen, die er bereits als Jugendlicher in Osnabrück mit Menschen verschiedener Nationalitäten und Religionen machen durfte. „Das heutige Europa ist keine Selbstverständlichkeit“, betonte Wulff und rief die Schülerinnen und Schüler zum Einsatz für Demokratie und Verständigung auf, denn „nur im Austausch mit dem Islam können wir zusammen wachsen und zusammenwachsen“. Ihm sei es wichtig, Zuwanderung als Chance zu begreifen, erklärte der Politiker: „Ohne einen Mesut Özil oder einen Miroslav Klose wären wir vermutlich noch nicht einmal ins Halbfinale der Fußball WM gekommen!“

 

Zum Einstieg in die Diskussion forderte Wulff die Oberstufenschüler auf, ihn ruhig alles zu fragen, was sie interessiert, denn „nach dem, was Journalisten in den letzten Jahren von mir wissen wollten, kann mich eigentlich nichts mehr überraschen“. Diese Anspielung auf die Rolle der Medien im Zusammenhang mit Wulffs Rücktritt als Bundespräsident nahm ein Schüler zum Anlass, Wulff zu bitten, die Aussage einer Zeitung, die BILD sei das Krebsgeschwür der deutschen Pressefreiheit, zu kommentieren. Es sei wichtig, dass die Aufarbeitung seiner Geschichte ehrlich geschehe, war die Antwort des Politikers. Es habe Fehler auf allen Seiten gegeben: „Es ist sicher unbestreitbar, dass man nicht auf gewisse Mailboxen sprechen sollte“, aber auch das Fehlverhalten der Justiz, der Politik und vieler Journalisten im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen ihn sei enorm gewesen. „Wir sollten jetzt abwarten, was das Verfahren gegen den Generalstaatsanwalt in Hannover wegen Geheimnisverrats zu meinen Lasten bringt“, so Wulff.

Im weiteren Diskussionsverlauf dominierten Fragen zur Lage in der Ukraine, zur Rolle Europas und der Bundeswehr in der Welt. In diesem Zusammenhang zeigte sich Christian Wulff überzeugt, dass es wichtig sei, dass Deutschland und die Bundeswehr weiterhin eine aktive Rolle in Krisengebieten übernehmen, wenn auch nicht zwingend in Kampfeinsätzen. „Vielleicht wäre es für Sie auch einmal spannend, einen Bundeswehrsoldaten zu „Humann im Dialog“ einzuladen und mit ihm zu diskutieren, wie er seine Rolle sieht“, regte er an.

Eine Frage aus dem Publikum, die Christian Wulff offenkundig besonders gefiel, war die nach der Formel für seinen persönlichen Erfolg. „Der richtige Umgang mit Niederlagen ist wichtig“, betonte der Politiker. Außerdem müsse man in der Lage sein, Sachverhalte mit genügend Distanz und Differenziertheit zu betrachten. Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg sei Empathie. „Man muss Menschen zeigen, dass man sich für sie interessiert“, so Wulff. „Das hat mir bei meinen Auslandsreisen immer sehr geholfen.“

Den Schlusspunkt der rund zweistündigen Veranstaltung bildete ein Aufruf des politischen Gastes kombiniert mit einer Warnung an die jugendlichen Zuhörer: „Engagieren Sie sich für die Demokratie und für Europa, aber wir Deutschen sollten uns vor Überheblichkeit hüten. Wir haben lange gebraucht für Freiheit und Demokratie. Diese Zeit müssen wir auch anderen zustehen.“

Text: Nina Schloemer
Fotos: Paul B. (Jahrgangsstufe Q1)

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